Alfred Pfoser
„Die sterbende Stadt“
Den Krieg zu beginnen, war ein Leichtes. Aber den Krieg zu beenden, schien unmöglich zu sein. Die Bevölkerung wollte ab dem „Steckrübenwinter“ 1916/17 vom Krieg nichts mehr wissen. Die Reichshaupt- und Residenzstadt versank in einem Strudel von Apathie und Aggression, Schmutz und sozialer Schmach.
Der Mieterschutz
Erstaunlich, aber als Folge des Krieges unabdingbar: Die christlichsoziale Stadtregierung musste den Mieterschutz gegen ihre eigene Klientel, die Hausbesitzer, durchsetzen. Der Mieterschutz war nicht die einzige soziale Errungenschaft, die vom Roten Wien weitergeführt wurde.
Staatliche, kommunale und freiwillige Fürsorge
Die Gesellschaft war in Erwartung eines kurzen Feldzugs, aber nicht auf einen Dauerkrieg eingestellt. Die soziale Agenda bekam mehr und mehr Dringlichkeit. Der Krieg wurde zur Geburtsstunde des modernen Sozialstaates.
Die „Approvisionierung“
Die Versorgung mit Lebensmitteln und Energie, die sogenannte „Approvisionierung“, war die Achillesferse der Stadt in den dramatischen Jahren 1914 bis 1918. Wien war zum Hungern und Frieren verdammt. Das Anstellen von Hunderttausenden wurde zum Symbol der Zeit.
Noch einmal Hauptstadt der Monarchie: Mehr Bevölkerung, mehr Aufgaben, mehr Bürokratie, weniger Ressourcen
Wien war während des Ersten Weltkrieges so groß wie nie zuvor und nie nachher. Es gab zwar während des Krieges keine Volkszählung, so dass sich nicht mit gesicherten Zahlen operieren lässt, aber zahlreiche Indizien weisen darauf hin, dass die Bevölkerungszahl auf mehr als 2,4 Millionen stieg.
Das politische System: Die Obmännerkonferenz und der Gemeinderat
Nach der Wiener Verfassung gab es die Institution nicht: die „Obmännerkonferenz“. Sie erwies sich für Bürgermeister Weiskirchner als kluges Steuerungsinstrument, das den „Burgfrieden“ herstellte und auch nach dem Zusammenbruch der Monarchie für Kontinuität in Politik und Verwaltung sorgte.
Kriegsbürgermeister Richard Weiskirchner
Der nach dem Vier-Kurienwahlrecht bestellte christlichsoziale Bürgermeister Richard Weiskirchner galt als Pragmatiker. Er glaubte lange Zeit, den großen Aufbruch gestalten zu können, musste aber Niedergang und Zusammenbruch verwalten.