Im März 1919 wurde auf Initiative der britischen Regierung mit den Vorbereitungen zur Ausreise der kaiserlichen Familie ins Exil begonnen. Man war zur Ansicht gekommen, dass Karls Anwesenheit in Österreich die Verhältnisse zusätzlich destabilisiere.
Der entmachtete Kaiser Karl I. hatte seit der Unterzeichnung der Verzichtserklärung am 11. November 1918, in der er auf jeglichen Anteil an den Regierungsgeschäften verzichtete, mit seiner Familie Quartier auf Schloss Eckartsau im niederösterreichischen Marchfeld genommen. Am 23. März 1919 bestiegen Karl und Zita, die Kinder und weitere Personen des Gefolges den Zug Richtung Schweiz, die sich nach langen Verhandlungen bereit erklärt hatte, den Exkaiser aufzunehmen.
Am Tag nach ihrer Ankunft in der Schweiz bezog das Kaiserpaar Schloss Wartegg bei Rorschach, das am Bodensee in Sichtweite Österreichs lag und Verwandten von Kaiser Zita gehörte. Bereits im Mai zog man weiter in die Villa Prangins am Genfer See. Die Schweizer Regierung verlangte die Verlegung des Wohnortes der exilierten Kaiserfamilie in den Westen des Landes, weg von der allzu nahen österreichischen Grenze.
Rund um Karl und Zita bildete sich ein kleiner Exil-Hofstaat, der aus dem ehemaligen Hofbischof Seydl, den Adjutanten Wladimir Graf Ledochowski und Zeno von Schonta sowie dem Sekretär Karl von Werkmann bestand. Zita wurde von ihrer Hofdame Gabrielle Gräfin Bellegarde und der Erzieherin der Kinder, Therese von Kerssenbrock begleitet. Weiters folgte auch Karls Mutter Erzherzogin Maria Josefa dem Kaiserpaar ins Exil nach.
Der Aufenthalt in Prangins wird in den Erinnerungen Zitas – in denen die Exkaiserin darin die Ereignisse des Umsturzes sehr einseitig und subjektiv schildert – als erholsam nach den Anspannungen der letzten Monate beschrieben. Prangins war aber auch Schauplatz geheimer Vorbereitungen für die geplante Wiedererlangung der Macht in Ungarn.
Nachdem zwei Putschversuche Karls in Ungarn misslungen waren, befanden die Westmächte im November 1921, dass die Anwesenheit des Exkaisers in Europa politisch nicht mehr tragbar sei. Auf dem britischen Kreuzer „Cardiff“, der das Kaiserpaar an einen Ort weit weg von Europa bringen sollte, wusste zunächst nicht einmal die Schiffsbesatzung über das Ziel der Reise Bescheid. Schließlich erging der Befehl an den Kapitän, Karl und seine Familie nach Madeira, eine unter portugiesischer Oberhoheit stehende Insel im Atlantik, zu bringen.
Zunächst nahm die Familie Unterkunft im Hotel Reid’s Palace in Funchal, der Hauptstadt der Insel. Der Aufenthalt im mondänen Hotel war jedoch bald nicht mehr finanzierbar. Die Familie Habsburg litt damals an massiven Geldproblemen. Dabei war Karl nicht mittellos ins Exil gegangen: Er verließ Österreich mit acht Eisenbahnwaggons voller Möbel und Kunstgegenständen aus habsburgischem Privatbesitz.
Geheimnisumwittert ist auch das Schicksal der Kronjuwelen, deren sich der Exkaiser vor seiner Abreise bemächtigt hatte, und die heute als verschollen gelten. Zita beharrte in ihren Erinnerungen stets darauf, dass die Pretiosen im Exil einem Diebstahl zum Opfer gefallen wären. Dem widersprechen die Aussagen des Schweizer Edelsteinhändlers Alphonse de Sondheimer, der die Juwelen im Auftrag Karls gebrochen und in Einzelteilen verkauft hätte, um die Edelsteine unauffällig zu Geld machen zu können, und dessen Erinnerungen zu diesem Fall sich wie ein Kriminalroman lesen.
Die Kunstwerke und Juwelen, die das Kaiserpaar mit ins Exil nahm, wurden in der Schweiz zu Geld gemacht und gingen in der Finanzierung der beiden Putschversuche in Ungarn auf. Die ursprüngliche Idee der Westmächte, die Nachfolgestaaten der Monarchie zu verpflichten, dem Exkaiser jährlich die Summe von 20.000 britischen Pfund zu zahlen, wurde nie realisiert, sodass die Familie Karls nun Probleme hatte, ihren gewohnten Lebensstil zu finanzieren.
Somit musste man sich auf die Suche nach einer billigeren Alternative machen, die in der Villa Quinta de Monte gefunden wurde. Es war dies der Sommersitz einer örtlichen Bankiersfamilie, die dem mittellosen Exilkaiserpaar die Villa zur Verfügung stellte. Das Anwesen lag in kühler Lage in den Bergen auf der ansonsten subtropischen Insel.
Der Zustand des bereits durch die Spanische Grippe gesundheitlich stark angeschlagenen Exkaisers verschlechterte sich auf Madeira rapide. Am 1. April 1922 starb Karl mit 35 Jahren im Beisein seiner Familie. Das bescheidene Begräbnis fand in aller Stille am 5. April 1922 in der Kirche Nossa Senhora do Monte in Funchal statt.
Brook-Shepherd, Gordon: Um Krone und Reich. Die Tragödie des letzten Habsburgerkaisers, Wien 1968
Brook-Shepherd, Gordon: Zita. Die letzte Kaiserin, Wien 1993
Broucek, Peter: Karl I. (IV.). Der politische Weg des letzten Herrschers der Donaumonarchie, Wien 1997
Demmerle, Eva: Kaiser Karl I. „Selig, die Frieden stiften ...“. Die Biographie, Wien 2004
Gottsmann, Andreas (Hrsg.): Karl I. (IV.), der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, Wien 2007
Sondheimer, Alphonse de: Vitrine XIII. Geschichte und Schicksal der Österreichischen Kronjuwelen, Wien; Hamburg 1966
Unterreiner, Karin: Die Habsburger. Mythos & Wahrheit, Wien u. a. 2011
-
Kapitel
- Habsburg im Exil I: Von der Schweiz nach Madeira
- Versuche zur Wiedererlangung der Macht
- Putschversuche in Ungarn
- Habsburg im Exil II: 1922 bis 1945
- Zita: Bis zuletzt für „Gott, Kaiser und Vaterland“
- Otto, der „letzte Kronprinz“
- Otto und der Austrofaschismus
- Die „Habsburg-Krise“
- Die Seligsprechung Kaiser Karls I.