Schreiben im Krieg – Literaten, Literaturen und der Erste Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg ist in vielerlei Hinsicht als Epochenwende zu bezeichnen, so auch in Kunst und Literatur. Selbst wenn sich kulturelle Brüche schon vor Kriegsbeginn abzeichneten – das Futuristische Manifest des Italieners Marinetti entstand etwa bereits 1909 –, so erforderten das Kriegsgeschehen und der Zerfall der alten sozialen und politischen Ordnung neue Ausdrucksformen. Dazu gehörten auch die Zusammenarbeit in Künstlerzirkeln und Auftritte vor dem Publikum. Der Krieg wurde zum Katalysator der modernen Literatur und Dichtung, in der Kulturideale zertrümmert wurden und Schriftsteller in experimentellen Sprachfügungen ihre Fronterfahrungen zum Ausdruck brachten.
Karl Kraus ernannte in Die letzten Tage der Menschheit die Kriegstreiber im Hinterland und damit auch die Journalisten und Schriftsteller zu Hauptverantwortlichen für die erste große Tragödie des 20. Jahrhunderts. Tatsächlich ist Intellektuellen und Künstlern, die sich in übereifriger Weise in den Dienst der Propaganda stellten, eine beträchtliche Mitschuld an der „Popularität“ des Kriegs zuzuschreiben. Bei manchen wandelte sich die Einstellung, befördert durch die Gewaltexzesse und das Massensterben, zum Pazifismus. Einige Autoren mussten den Schrecken – nicht selten als Freiwillige – an der Front miterleben.