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Brief von Maximilian Liebenwein an Clementine Essigmann, 18. Februar 1917, Seite 2

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Höhe der zerklüfteten Karsthochfläche konnten wir einen schönen Blick auf die Berg-
kette genießen, die im Westen mit dem K. beginnt und deren höchsten Punkt der mittlere Gipfel des 3köpfigen T. bildet. In L. hielten wir, trafen dort – den Major Sch. von den
Sappeuren und mussten mit ihm und einigen Ingenieuroffizieren in einer hübschen Bauern-
stube an einer festlichen Jause theilnehmen, die einer gab, der seinen Geburtstag feierte. Dann
kamen wir in unsre 2te Stellung, die wir bis zur Kote X. besichtigten, die Wagen ließen
wir vorausfahren und giengen zu Fuß nach B, zum Kdo. des Lst. Inf. Regts 409, wo
„übernachtet“ werden sollte. Wie das geschah, wirst Du gleich hören. Das
Regts Kdo. ist im Pfarrhof einquartiert, und in der hübschen Menage war es sehr gemütlich.
Menagemeister ist ein lustiger Feldpfaff, ein Gesell wie der „Pfaff vom Kahlenberge“, voll
Selbstironie, dabei ein Mensch praktischer Sinnesart und praktischen Christenthums, der
bestrebt ist im Felde so viel Gutes zu thun, als möglich ist, und so jedenfalls mehr
leistet, als mancher salbungsvolle Weihwedel. Er nennt sich den „Stellvertreter Gottes auf
Erden beim k.k. Lst. Regt 409“ und macht auch sonst oft weltlich riechende Witze.
Regtskdt. ist ein Obstltn Petzold (vom 22), alles andere ist Landsturm. Übrigens ein sehr schönes
Offizierskorps, kriegsgewohnt und tüchtig. Obltn Grimm, der mir im Oktober zu meinem
Hengst Laurin verholfen, war auch da. – Um 10. h gieng der Oberst schlafen und ich wollte
ein gleiches thun. Da kam ich aber schön an. S. Hw. der Feldkurat zog mir
sofort wieder den Mantel aus und „befahl“ mir als „Stellvertreter des l. Gottes beim Lst. Inf Regt 409“ da zu bleiben und mit den Herren zu drahen bis um 12 Uhr der Oberst wieder
aufstünde, was auch geschah. 12h 15m morgens machten wir uns unter Führung
des Obltn Graf auf den Weg nach den Stellungen: erst bergauf nach N.W. dann einen