Kriegserinnerungen aus der Hinterlassenschaft von Anton Hanausek

Auszug aus den Erinnerungen von Anton Hanausek an die Lebensbedingungen in Wien in den letzten Kriegsmonaten und unmittelbar nach dem Waffenstillstand, verfasst in den 1970er Jahren

[…]
Ich als Zigarettenschleichhändler: Wie ich schon in einem vorangegangenen Kapitel schrieb, erbeutete ich in Vittorio einen Rucksack voll Rauchmaterial. Da ich noch vielerlei zu erledigen hatte, ging ich noch nicht arbeiten, sondern beabsichtigte mein Rauchmaterial zu Geld zu machen. Natürlich zu Schleichpreisen, versteht sich. Da es ja viele solcher Zigarettenschleichhändler gab, hatte sich bald ein einheitlicher Schleichpreis eingependelt. Möcht bemerkten, dass die auf Marken erhältliche Ration derart gering war, dass in der Folge die Schleichware rasch wegging. Vorerst kaufte ich einige Schachteln Zigarettenhülsen, wobei ich mich sehr wunderte dass man solche überhaupt erhielt. Hatte ich eine Schachtel mit 100 stück gestopft, begab ich mich zum Westbahnhofe, dem Schleichhandelsmarkt für Verkäufer und Käufer. Jeder sprach jeden mit dem vertraulichen Duwort an, was mir jetzt, da in Zivil, so gar nicht passte. Auf Dauer konnte ich mich mit der Schleichtätigkeit nicht erwärmen. Es war ja verboten, und dies mit Recht. Aber wie heisst es doch immer?, hilf dir selbst, so hilft dir Gott. So tat ich halt weiter, war aber heilfroh, als in cirka zwei Wochen alles Rauchmaterial versilbert war. Mit diesem Schleichhandelserlös konnten wir nun zum Schleichpreis Lebensmittel kaufen die das zehn bis zwanzigfache des Normalpreises kosteten, so dass auch dieses Geld bald vertan war. Unmittelbar nach der Heimkehr gab es für mich wie auch jedem anderen Heimkehrer eine ganze Menge von Laufereien.