Brief von Maximilian Liebenwein an Clementine Essigmann, 18. Februar 1917, Seite 5
für Tag der Tod hier umehr, einmal drüben, einmal bei uns. – Wir machten nun einen
sehr beschwerlichen Aufstieg, der uns im Mondschein zuerst durch Weingärten und an zer-
schossenen verlassenen Häusern die Hänge des I.thales aufwärts führte, bis auf die Höhe des
Sattels. Immer über Geröll, theilweise über Eis. Wir giengen den Weg, den jede Nacht
die Tragthierführer mit der warmen Menage in den Kochkisten – (auf jedem Pferdchen oder
Maulesel 2) – gehen müssen, manchmal, wenn die Italiener es nutzen, im Artillerie-
feuer. Hier hat schon mancher stille einfältige Held und manches brave Pferd sein Leben
gelassen. Im ersten Tagesgrauen – Mond und Sterne standen noch am Himmel –
kamen wir oben auf der Höhe an, ein wenig keuchend; aber nun konnten wir rüstig
ausschreiten und bergab bis B. gehen. Wir kamen nun an einem Lager vorüber, das
wunderschön anzuschauen war, wie ein Bild von Wouwermann, Pferde und Planwagen
in bestem Durcheinander, Lagerfeuer und qualmende Feldküchen, alles im kühlen Morgen-
licht, vorne sogar der berühmte Apfelschimmel Wouwermanns, im Hintergrund die
Kirche von B. Um 7h waren wir in B., also beinahe 7 Stunden unterwegs auf
elendigen Wegen. In B bekamen wir Presswurst, Käs und heißen Thee und
machten ausgiebigen Gebrauch davon, dann fuhren wir in unsrer Kalesche mit frischen
Pferden heim nach Č. [Čepovan] bei wolkenlosem Himmel und blankem Sonnenschein.
Um 10h waren wir in Č. [Čepovan] und ich hatte nun Zeit mich zu säubern, umzukleiden
und vor dem Essen eine Stunde zu schlafen. Um 3h machte ich mich schon wieder auf
den Weg, um den Freund Fahringer zu holen, den ich nachts 4h etwas durchfroren nach
Č. [Čepovan] brachte, wo er bei mir wohnte und gestern wieder abgefahren ist. –
Hutterer erwarten wir heute. Bin neugierig, was er mir beringt. Bitte schicke an