Weihnachten in russischer Kriegsgefangenschaft, Auszug aus Kriegstagebuch von Walter Friedrich, Seite 2f
sei, wäre meine Lage gerade zum verzweifeln gewesen. Ich unternahm noch einen Versuch Hilde zu benachrichtigen und telegrafierte an Baronin Handel in Innsbruck. Ich bat sie, dass sie Hilde benachrichtigen möge, dass ich hier in Spasskoe bin und Nachricht erwarte. Als ich auch auf dieses Telegramm keine Nachricht bekam, ließ ich noch eine vierte Depesche abgehen. Dieses viele telegrafieren hatte ein großes Loch in meine Kasse gerissen, denn ein Wort kostete 20 Kop. Nun durch eine fast übertrieben Sparsamkeit war es überhaupt möglich das nötige Geld für die Telegramme zu erschwingen. Der große Abgang in meiner Kasse war mir um so unangenehmer, als ich merkte, dass mein Hemd was ich noch von zuhause hatte sehr mürbe wurde und kein Faden mehr halten wollte. Mein Diener meinte, das Hemd halte eine kalte Wäsche nicht mehr aus, denn warmes Wasser bekamen wir keins. Am Trödlermarkt fand ich nach län-
gerem Suchen ein neues Militärhemd, welches noch den ärarischen Stempel trug. Es kostete 55 Kop. denn mehr konnte ich momentan nicht anlegen. Am Trödlermarkt bot man sämtliche Ausrüstungsgegenstände der russischen Armee an. Neue Stiefel, Reithosen, kurz alles was ein militar Magazin enthielt wurde hir verkauft. Mit vieler Mühe war es uns gelungen, dass wir den Rest unserer Novembergage bekamen und pressten für Dezember auch noch einen Vorschuss von 15 R. heraus. Von unserer Oktobergage war nichts zu hören. Durch Schwester Matilde erfuhren wir auch, dass in Russland Geldnot herrsche und auch die russischen Offiz. noch keine Gage erhalten haben. Wir waren zu dieser Zeit in einer sehr bedrängten Lage und es langte kaum um die Menage zu bestreiten. Oft gab es nur geröstete Kartoffeln mit Kaffee. Von mehreren Seiten hörten wir, dass