Kriegserinnerungen auf Tonband aus der Hinterlassenschaft von Franz Danninger
Auszug aus den Erinnerungen von Franz Danninger an seine Tätigkeit in der k. u. k. Pulverfabrik Blumau, aufgenommen in den Jahren 1968 und 1969
Anfang März hat es beim Rapport dann geheißen: Tischler, Schuster, Maurer sollen sich melden. Ich hab mich auch gemeldet, hab aber nicht gewusst, warum und wozu. Dann sind wir weggekommen, von der Eigenschule ist unsere Kompanie auf den Bisamberg gekommen. Da haben wir dann halt exerziert, fußballgespielt und Wache gehalten. Es war am Peterstag, dem 29. Juni, da bin ich gerade auf dem Posten gestanden am Bisamberg, im Stiftsgut Herrnholz, von Klosterneuburg ein ganzes Stück weg. Bei der ersten Wache da ist auf einmal ein Zugsführer gekommen mit 6 Mann, und die haben uns abgelöst. Ich hab gefragt, warum wir abgelöst werden, da hat er gesagt, ihr müsst einrücken zum Kader, werdet morgen schon sehen, was ist. Wir sind also um 10 Uhr abends in Wien angekommen und haben in der Kaserne geschlafen. Am nächsten Tag in der Früh ist dann der Hauptmann gekommen und hat gesagt, dass wir vom Kriegsministerium bestimmt sind in die Pulverfabrik Blumau. Am Vormittag haben wir dann noch menagiert und sind dann am Nachmittag hinausgefahren nach Blumau. Wie wir hinauskommen, sind da Baracken aufgestellt gewesen, aber nichts drin, nur Strohsäcke. Na, da haben wir halt 3 Mann auf 2 Strohsäcken geschlafen. Dann sind wir zur Arbeit eingeteilt worden. Es war alles im Aufbau dort, die Autoklaven und alles andere, und wie alles fertig war, sind wir in Betrieb gegangen, am 5. November 1915.
Bei der Ammoniakerzeugung, ihr könnt euch vorstellen, wie es da gestunken hat nach dem Ammoniak. Uns hat es gereckt, wir waren das ja nicht gewöhnt. Zuerst war die Beschickung: der Stickstoff, der ist in Blechtonnen aus Böhmen gekommen, in Falkenau war da eine Stickstofffabrik. Wir haben die Tonnen aufhauen müssen, der Stickstoff ist dann über einen Elevator in eine Schnecke hineingekommen und über eine automatische Waage in den Autoklaven. Es sind da 4 automatische Waagen gewesen, in 4 Linien hast du das transportieren können mit den Schnecken in die Autoklaven hinein. Ein Schlauch ist in den Autoklaven hineingehangen, da haben wir zuerst 3000 l Wasser hineinfüllen müssen, dann das Rührwerk einschalten. Da kannst dir denken, die Autoklaven sind 6 m hoch gewesen und haben einen Umfang gehabt von – so –, und ein Rührwerk war drinnen mit Schaufeln. Da ist 3600 kg Stickstoff hineingekommen, zuerst 3000 l Wasser und dann 3600 kg Stickstoff. Das ist dann verrührt worden, dass sich manchmal das Rührwerk direkt verbogen hat. Das hat dann das Gas gebildet, das ist weitergeleitet worden und hinübergekommen auf die Seite, wo die Kühler gestanden sind und dann weitergeleitet worden in eine andere Abteilung. Von dem reinen Ammoniak, da ist es uns so schlecht gegangen am Anfang, dass wir zum Fenster gerannt sind. Da waren 8 Fenster, die waren aber nur Klappen, da haben wir den Schädel hinausgehalten und gespieben. Das hat ein paar Tage gedauert, da sind wir ganz zusammengekommen, wie wir das überwunden haben, hat es uns nichts mehr gemacht. Ich war dort vom 15er Jahr bis zum 18. November im 18er Jahr.
In der Blumau haben wir am Anfang das Problem gehabt, dass ein Jude die Verköstigung gehabt hat, der hat uns nichts anderes gefüttert als Polenta. Ein paar Tage haben wir uns das gefallen lassen. Wir waren da ja über tausend Mann, hauptsächlich Militär, die abkommandiert worden sind. Dann hat es einen sauberen Krach gegeben, sie haben den Juden in die Zange genommen und abgeflachlt. Das ist natürlich ans Kommando weitergegangen und die haben einen rechten Krawall gemacht. Sie haben sich aber dann erkundigt und auch gefunden, dass das zuwenig ist, immer Polenta. Kurz und gut, sie haben den Juden weggenommen und wir haben dann eine eigene Militärküche gehabt. Am Anfang wars ganz gut, natürlich mit der Zeit – der Krieg ist weitergegangen – ist die Menage immer schlechter geworden. Am Schluss haben wir nichts gehabt als Kraut und Erdäpfel. Zu Mittag Kraut und Erdäpfel, am Abend Rüben und Erdäpfel und am nächsten Tag war das umgekehrt. In der Früh haben wir einen Tee aus Himbeerblättern gehabt, und ein achtel Bims, das was so ein Stück für den ganzen Tag. Die Bezahlung wär nicht schlecht gewesen. Am Anfang haben wir 20 Kronen gehabt in der Woche, was es eigentlich in keinem einzigen Betrieb gegeben hat – 10 Gulden. Dann ist aber im Arsenal ein Streik ausgebrochen – das ist alles unterm Militär gestanden, das Arsenal und die Blumau – die haben mehr verlangt. Dann bin ich – ich war dort sozusagen Werksführer, ich hab die Überwachung übergehabt bei den Autoklaven, da hast du recht vorsichtig sein müssen – na, dann bin hinaufgekommen auf 120 Kronen, nein, 220 Kronen die Woche, das hat es in keinem einzigen Betrieb gegeben in Österreich. Das war soweit ganz schön, aber wir sind alle 14 Tage nach Traiskirchen gegangen. Da haben wir 2 Stunden gehen müssen, zum Mühlparzer hin, das ist ein Gasthaus gewesen, der hat ohne Marken aufgekocht. Dort haben wir Gulasch haben können und auch sonst besseres Essen. Ein Gulasch mit Knödeln hat 120 Kronen gekostet, aber wir haben immerhin alle 14 Tage einmal ein besseres Essen gehabt.