Diary with retrospective passages from the left papers of Julie Söllner
Excerpt from diary entries by Julie Söllner on the situation in Vienna after the initial enthusiasm for the war had waned, written in March 1915 in Vienna
werden (die Angabe schwankte zwischen 25 und 60,000 Mann). Es war der größte Miserfolg, den bis dahin eine Armee im gegenwärtigen Krieg erlitten hatte, so meldeten die italienischen Blätter. Inzwischen ging hier in Wien das Leben seinen gewohnten Gang, die Preise der Lebensmittel waren höher aber eigentlich hatte die wohlhabende Bevölkerung nichts, die minderbemittelte Dank der Unterstützungen durch den Staat für die Familien der Eingerückten und der privaten Wohltätigkeit für die anderen fast nichts zu leiden. Man aß und trank wie sonst, da kamen langsam die Berichte aus Deutschland, daß die Regierung zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung – England hatte inzwischen den Grundsatz aufgestellt, daß es Deutschland, wenn es ihm anders nicht beikomme, aushungern werde, und es der
der neutralen Schifffahrt unmöglich gemacht, die Deutschen mit Nahrungsmitteln zu versehen – die Mehlvorräthe mit größter Sparsamkeit behandelt sehen müsse und darum Brotkarten ausgegeben werden würden, damit keine Verschwendung Platz greifen könne und jeder nur ein bestimmtes Quantum Brot und Mehl zugewiesen bekommen könne, kurz daß die Regierung alle Getreidevorräthe beschlagnahme. Da wurde es auch bei uns anders. Man konnte sich das gute Weizenmehl nur schwer verschaffen, man fing an mit Gerstenmehl, Maismehl zu kochen; aber erst viel zu spät, fing auch unsere Regierung an, an die Versorgung des Landes mit dem nötigen Getreide zu denken; Ungarn behandelte uns schlecht, es sicherte sich seinen Gebrauch und wir sollten nur in zweiter Linie in Betracht kommen. Mais wollte es uns genügend liefern. Inzwischen hatte die Regierung bemerkt, daß wenig Mehl vorhanden sei, die Mehlvorräthe