Pre-war
1914
Outbreak of the war
1915
1916
1917
1918
End of the war
Post-war

Diary from the left papers of Bernhardine Alma

Excerpt from the diary entries of Bernhardine Alma on the euphoric mood at the start of the war, written in summer 1914 in Vienna

28. Juli 1914 abends Dienstag.
Heute vor einem Monat ist der Thronfolger ermordet worden – was wird in einem Monat sein? – Oben ist die Kriegserklärung – Im Ungar. Abgeordnetenhaus oder wo haben sie reizend gesprochen – Frankreich will keinen Krieg. Die Stimmung in Belgrad ist gedrückt. Bei uns und Deutschland hält die Kriegsbegeisterung an. – – – Ich möchte aber doch, daß der Krieg schon wieder aus ist. – Was wird in 1 Monat sein? – Schade, daß Erzherzog Franz Ferdinand nicht mittun kann. Die Teurung hat angefangen, wird aber nur anhalten, bis die

Truppentransporte vorbei sind. – Unsern lieben alten Kaiser haben sie so gerne, das gehört sich. – – – – – Ich hab der Mama den Rat gegeben, ihre Kriegserlebnisse aufzuzeichnen, was sie auch annahm. Sie ist mitunter sehr lieb zu mir, Papa auch. Papa interessiert der Krieg auch mehr wie seine Operette. – Der Achim muß natürlich nicht mit. Cora tut mir manchmal leid, ist aber einerseits komisch und kennt gar keine Beherrschung. Der Wedekind wurde 50 Jahre alt. Der kleine Tisza ist es – glaub ich – schon vorbei. Der Berchthold glaub’ ich noch nicht. – Den Erzherzog Fiedrich mag ich ganz gerne, aber der tote Thronfolger wäre mir lieber. Nur komnt es drauf nicht an.

29. Juli l914. Mittwoch, abends.
Wir haben 2 serbische Schiffe gefangen und zogen sich die Serben nach kurzem Gefecht zurück. Der Kaiser kommt morgen nach Wien. Die Kriegsbegeisterung dauert fort. – – An den Straßenecken, an Mauern, Häusern ist das Manifest des Kaisers angeschlagen, welches direkt reizend ist. Wirklich schön! Und dabei solch ein lieber, alte Mann! – Ferner ist der Aufruf des Bürgermeisters gegen die Teurung angeschlagen. Brücken werden militärisch bewacht. Papa hat gestern so lieb gesagt, wie er in den Krieg ginge, nur nehmen sie ihn nicht, dürfe (glaube ich) er nicht. Das ist doch rührend! Die Teurung ist auch nicht so arg. Das Manifest ist wirklich süß! Ich hätte es gerne herein gegeben, kann es aber im Interesse des Tagebuchs nicht tun. – Hoffentlich ist aber doch mit Rußland kein Krieg und bald wieder Schluß! – Sigrid und ich meldeten uns heute in der Frauen-Organisation (einem Aufruf zufolge) für freiwillige Dienstleistungen wegen des Krieges; ich für Nachmittags 3-6 h. Natürlich unbezahlt. Wenigstens habe ich mir genug getan und etwas fürn Krieg beigetragen. Es muß ja herrlich sein, so für etwas Schönes kämpfen zu dürfen und einerseits sind die fast zu beneiden. – Aber wie schrecklich ist es dann für die Überlenden, denen einer gestorben. – Wie schrecklich der Gedanke, daß da Menschen sich gegenüberstehen, sich zu morden, wie es vor 1000 Jahren getan. – „Du bleibst doch imner, was du bist!” Trotz der Kultur brach wieder der Mensch durch, ja er benützt die Kultur, seinen Urtrieben zu folgen. Wie schrecklich so ein Krieg einerseits – und wie schön, erhebend anderseits! – – –